Online Vernehmung in Nordrhein-Westfalen

3 Minuten Lesezeit 24.08.2023
Online Vernehmung in Nordrhein-Westfalen

Die Justiz in NRW geht mit der Zeit und bietet – als erstes Bundesland überhaupt – an, Vernehmungen auch online durchzuführen.

Das bisherige Verfahren

Wurde bislang eine Ladung zu einer polizeilichen Vernehmung ausgesprochen, so bedeutete dies zwangsläufig, dass der Geladene persönlich zu erscheinen hatte. Man traf sich entweder in der Polizeistation am Tatort oder gegebenenfalls auch an derjenigen des Wohnortes des Geladenen. Insbesondere in letzterem Fall wurden also gleich mehrere Polizeistationen und entsprechend auch Polizeibeamte mit der Vernehmung befasst – ein aufwändiges und ineffektives Verfahren. Hinzu kamen der zeitliche und auch finanzielle Aufwand für die An- und Abreise des Geladenen sowie die Erforderlichkeit zur Bereitstellung geeigneter Räumlichkeiten zur Durchführung der Vernehmung.

Der Wandel der Zeit

Zur Optimierung des Vorgehens startete in NRW (konkret in Düsseldorf) bereits im Juli 2021 ein Test, bei dem statt einer persönlichen Vernehmung unter Anwesenheit des zu Vernehmenden eine digitale Vernehmung online stattfindet. Der Test konnte nunmehr als Erfolg verbucht und das Konzept daher auf ganz NRW ausgeweitet werden.

Das genaue Vorgehen

Findet künftig in NRW eine Online-Vernehmung statt, so läuft das Prozedere wie folgt ab:

Der zu vernehmenden Person wird die Online-Vernehmung angeboten. Entschließt sich die zu vernehmende Person dazu, das Angebot anzunehmen und sind die technischen Voraussetzungen gegeben, so versendet die vernehmende Polizeistation eine Einladung zu einer Videokonferenz. Weitere Personen (wie beispielsweise Rechtsanwälte oder auch Dolmetscher) können der Videokonferenz als Teilnehmer hinzugefügt werden. Beginnt die Vernehmung, versammeln sich zunächst alle Teilnehmenden in einer Art digitalem Warteraum, von wo aus sie anschließend zur tatsächlichen Videokonferenz zugelassen werden. Wie auch bei einer Vernehmung vor Ort wird anschließend die Identität der zu vernehmenden Person festgestellt und protokolliert. Neben dem klassischen Protokoll, das per Hand geführt wird, kann die Videokonferenz auch digital aufgezeichnet und damit optimal gesichert werden. Ebenso ist es möglich, dass im Laufe der Vernehmung potentielle Beweise gezeigt oder auch (etwa bei digitalen Dokumenten) eingeblendet werden. Zum Abschluss der Vernehmung erfolgt – genauso wie bei einer Vernehmung vor Ort – die Verlesung des Protokolls und die Genehmigung desselben durch den Vernommenen.

Die Vorteile der Online-Vernehmung

Neben einer größeren Effizienz hinsichtlich der mit der Vernehmung befassten Personen und der erforderlichen Räumlichkeiten, bietet die Online-Vernehmung den Behörden die Möglichkeit, Vernehmungen sogar aus dem Home-Office heraus durchzuführen und somit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern.

Daneben ermöglicht die Online-Vernehmung auch der zu vernehmenden Person, die Vernehmung mit minimalem Zeitaufwand (insbesondere ohne An- und Abreise) durchzuführen und somit Zeit und Geld zu sparen.

Einschränkungen im Zusammenhang mit der Online-Vernehmung

Auch wenn die Online-Vernehmung sicherlich viele Vorteile mit sich bringt, wird sie in einigen Fällen ein persönliches Gespräch nicht ersetzen können. Dies gilt insbesondere bei schweren Delikten (wie etwa Sexualdelikten oder Mord) sowie auch bei besonders sensiblen Delikten bzw. solchen, die einen ganz besonderen Schutz des Opfers erfordern. In derartigen Fällen wird die Online-Vernehmung daher auch in NRW (jedenfalls zunächst) nicht zum Einsatz kommen.

Ebenfalls keine Option ist die Online-Vernehmung aktuell bei einer Vernehmung als Beschuldigter einer Straftat. Lediglich bei einer Vernehmung als Zeuge oder Geschädigter kommt das neue Format zum Einsatz.

Vorreiter auch für andere Bundesländer?

Ob das neue Vorgehen in NRW künftig auch in anderen Bundesländern zum Einsatz kommen wird, bleibt abzuwarten. Es sprich jedoch viel dafür, dass auch in anderen Teilen Deutschlands die Vorteile der Online-Vernehmung erkannt und entsprechend genutzt werden.

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Strafverteidiger und Rechtsanwalt Karl Matthias Göbel CTA Karl Matthias Göbel - Strafverteidiger

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