Kapitalstrafrecht

9 Minuten Lesezeit 29.04.2025
Kapitalstrafrecht

Kapitalstraftaten gehören zu den schwersten Verbrechen im deutschen Strafrecht. Der Begriff des „Kapitalverbrechens“ ist im Gesetz zwar nicht explizit definiert, wird aber dennoch regelmäßig in der Praxis verwendet, um insbesondere diejenigen schweren Straftaten zu umschreiben, bei denen das Leben eines Menschen unmittelbar betroffen ist – also vor allem (aber nicht ausschließlich) die Tötungsdelikte.

Der nachfolgende Text erläutert, was genau unter Kapitalstraftaten verstanden wird, welche rechtlichen Grundlagen existieren und wie das jeweilige Strafmaß aussieht. Beispiele aus der Praxis sollen zudem zeigen, wie schwerwiegend derartige Taten sind.

Mehr zu anderen schweren Straftaten finden Sie unter Mord und Totschlag.

Der Begriff des Kapitalstrafrechts und was er umfasst

Der Begriff „Kapitalverbrechen“ stammt ursprünglich aus dem Lateinischen: „capitalis“ bedeutet „das Leben betreffend“ oder „todeswürdig“. In der Vergangenheit waren Kapitalstraftaten mit der Todesstrafe verbunden – in Deutschland wurde diese aber 1949 abgeschafft.

Kapitalstraftaten sind regelmäßig Straftaten, bei denen das Leben eines Menschen entweder vorsätzlich oder fahrlässig gefährdet oder sogar beendet wird.

Im Zentrum steht dabei meist der Straftatbestand des Mordes (§ 211 StGB) und des Totschlags (§ 212 StGB). Jedoch auch weitere Delikte mit Todesfolge, wie etwa Raub mit Todesfolge (§ 251 StGB) oder Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB), zählen dazu.

Gemeinsamkeit des „Verbrechens“

Die Straftaten des Kapitalstrafrechts stellen allesamt Verbrechen im Sinne des § 13 StGB dar, also rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind.

Auf derartig schwerwiegende Straftaten erhebt der Gesetzgeber sogar bei besonders schweren Fällen mit dem Strafmaß der lebenslangen Freiheitsstrafe die höchste und schärfste Sanktion des Strafgesetzbuches.

Auf den Beschuldigten einer solchen Straftat kommen bei einer Verurteilung mit anschließender jahrlanger oder sogar lebenslanger Inhaftierung regelmäßig schwerwiegende und existenzgefährdende Folgen zu. Auch die Unterbringung in einem psychatrischen Krankenhaus ist keine Seltenheit bei diesen schwerwiegenden Verbrechen.

Die wichtigsten Kapitalstraftaten im Überblick

1. Mord (§ 211 StGB)

Bei dem Mord handelt es sich um die schwerwiegendste Form der Tötung eines Menschen. Nach deutschem Strafrecht liegt ein Mord dann vor, wenn ein Mensch einen anderen vorsätzlich tötet und dabei bestimmte Mordmerkmale erfüllt sind. Diese Merkmale sind unter anderem:

  • Mordlust
  • Zur Befriedigung des Geschlechtstriebs
  • Habgier
  • Heimtücke
  • Grausamkeit
  • Verwendung gemeingefährlicher Mittel

Beispiel:

Eine Person erschießt einen schlafenden Mitmenschen aus Habgier, um an dessen Erbe zu kommen. Hier liegen sowohl Heimtücke als auch Habgier als Mordmerkmale vor.

Strafe:

Lebenslange Freiheitsstrafe (mindestens 15 Jahre ohne Sicherheitsaussicht auf Bewährung).

2. Totschlag (§ 212 StGB)

Totschlag bezeichnet die vorsätzliche Tötung eines Menschen, ohne dass die Mordmerkmale erfüllt sind. Die Tat kann im Affekt oder aus anderen Beweggründen geschehen, die nicht die Schwelle zum Mord überschreiten.

Beispiel:

Ein Ehepartner tötet den anderen in einem Streit, nachdem dieser eine Affäre gesteht. Wenn keine Mordmerkmale nachgewiesen werden können, liegt Totschlag vor.

Strafe:

Freiheitsstrafe nicht unter 5 Jahren, in besonders schweren Fällen auch lebenslang.

3. Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB)

Bei der Körperverletzung mit Todesfolge begeht der Täter eine Körperverletzung, aus der unbeabsichtigt der Tod des Opfers resultiert. Der Täter wollte das Opfer nicht töten, ist aber für den Tod mitverantwortlich.

Beispiel:

Eine Person schlägt im Streit einem anderen heftig ins Gesicht, dieser stürzt und erleidet ein tödliches Schädel-Hirn-Trauma.

Strafe:

Freiheitsstrafe von 3 bis 15 Jahren.

4. Raub mit Todesfolge (§ 251 StGB)

Diese Tat liegt vor, wenn ein Raub begangen wird und dabei – sei es durch den Täter oder durch eine andere Person – der Tod eines Menschen verursacht wird.

Beispiel:

Beim Überfall auf ein Juweliergeschäft schlägt der Täter einen Angestellten bewusstlos, der später an seinen Verletzungen stirbt.

Strafe:

Freiheitsstrafe nicht unter 10 Jahren oder lebenslang.

Strafrechtliche Einordnung und Strafmaß

Kapitalstraftaten werden im deutschen Recht besonders schwer bestraft. Das spiegelt sich auch im Strafmaß wider: Der Mord ist die einzige Straftat, die im deutschen Recht zwingend mit lebenslanger Freiheitsstrafe sanktioniert wird. In anderen Fällen, wie Totschlag oder Raub mit Todesfolge, kann ebenfalls eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt werden – allerdings unterliegt dies letztlich dem Ermessen des Gerichts und hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab.

Besonderheiten:

  • Schuldunfähigkeit oder verminderte Schuldfähigkeit kann zu einer Strafmilderung führen (§ 21 StGB).
  • Bei Jugendlichen (unter 21 Jahren) gilt das Jugendstrafrecht, selbst bei Kapitalstraftaten, was in der Regel zu geringeren Strafen führt.
  • Bei einem lebenslangen Freiheitsentzug prüft das Gericht frühestens nach 15 Jahren eine mögliche Haftentlassung.

Verfahren und Verteidigung bei Kapitalstraftaten

Das Verfahren

Kapitalstraftaten unterliegen in der Regel einer besonders sorgfältigen Ermittlung und werden vor dem Schwurgericht – einer besonderen Kammer am Landgericht – verhandelt.

Die Verfahren sind meist aufwendig, umfangreich und nicht selten auch durch die Medien begleitet. Ein Beschuldigter in einem solchen Verfahren hat – wie auch bei jedem sonstigen Strafverfahren – das Recht auf eine umfassende Verteidigung.

Weitere Informationen zur gerichtlichen Hauptverhandlung finden Sie unter Strafverfahren – Hauptverhandlung.

Die Verteidigung bei Kapitalstraftaten

Die Strafverteidigung bei Kapitalstraftaten ist mit einer besonders intensiven Vorbereitung auf das gesamte Strafverfahren verbunden und erfordert im hohen Maße die Fähigkeit, sowohl den Ermittlungsbeamten der Mordkommission als auch der Staatsanwaltschaft in konsequent aktiver Bereitschaft entgegenzutreten.

Fachanwalt für Strafrecht

Die Fähigkeiten in derartigen Situationen die rechtlich entscheidenden und ausschlaggebenden Maßnahmen für eine umfassende Verteidigung zu treffen ist Schwerpunkt der Ausbildung zum Fachanwalt für Strafrecht.

Erfahrene Strafverteidiger in unserem Team finden Sie z. B. auf den Seiten zu Karl Matthias Göbel, Bärbel Thies oder Davide Alesci.

Ermittlungsphase

In der Ermittlungsphase ist es essentiell, Beweise zu erlangen oder diese zu sichern und Zeugen zu finden, die den Beschuldigten entlasten können. Gleichzeitig muss stets der Stand der Erkenntnisse der Ermittlungsbehörden im Fokus des Strafverteidigers bleiben, um parallel zu den Ermittlungen die entsprechenden verteidigungsrelevanten Schritte einleiten zu können.

Einbindung des Beschuldigten

Der Strafverteidiger muss ebenso auch in professioneller Weise auf den Beschuldigten einwirken können. Dieser wird oftmals aufgrund der ihm zur Last gelegten schweren Straftat in Untersuchungshaft untergebracht sein und sich dadurch – auch psychisch – in einer Extremsituation befinden.

Dennoch muss dem Beschuldigten als wichtigste Informationsquelle in dieser Situation in strukturierter Art und Weise das weitere Vorgehen nähergebracht, ihm seine Möglichkeiten offengelegt und alle rechtlich möglichen Verteidigungsmittel zugetragen werden. Nur wenn sich der Beschuldigte in dieser Ausnahmesituation auch sicher aufgehoben fühlt, kann ihm auch rechtlich umfassend und bestmöglich geholfen werden.

Entscheidend bei den Kapitalstraftaten zugrundliegenden Tötungsdelikten ist somit auch die Kenntnis des Strafverteidigers über die vorausgegangene psychologische Verfassung des Beschuldigten, dessen Persönlichkeit, sein soziales Umfeld und seine generelle Vorgeschichte. Dies bildet die Grundlage einer zielführenden Verteidigung.

Grundlagen der Strafbarkeit

Bei schwerwiegenden Straftaten wird zunächst auch immer auf die Grundlagen der Strafbarkeit des Beschuldigten eingegangen werden.

Eventuelle tiefgreifende psychologische Aspekte oder anderweitige Bewusstseinsstörungen können zu schuldminderndem oder schuldausschließendem Handeln des Beschuldigten führen:

  • § 20 StGB, Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störung; insbesondere bei „exogene Psychosen“, d.h. durch Zufuhr von Rauschmitteln, Medikamenten oder Giften ausgelöste, temporäre Beeinträchtigungen der Hirnfähigkeit.
  • § 21 StGB, verminderte Schuldunfähigkeit; insbesondere bei verminderter Einsichts- oder Hemmungsfähigkeit des Täters bei der Tat.

So komplex wie die menschliche Psyche, so komplex können auch die der Tat zugrundeliegenden Ursachen beim Täter für schwer- und schwerstwiegende Straftaten sein

Daher ist es stets entscheidend, ausführliche Sachverständigengutachten über den psychologischen Zustand des Beschuldigten anzufordern.

Das Vorliegen der in §§ 20, 21 StGB genannten Voraussetzungen kann bei der Strafzumessung zu Milderungsgründen nach § 49 Abs. 1 StGB führen, die eine erhebliche Absenkung der Freiheitsstrafen um mehrere Jahre bewirken.

Bedeutung psychologischer Gutachten

Von hoher Bedeutung in Kapitalstrafsachen ist in den meisten Prozessen das forensisch psychologische und forensisch psychatrische Sachverständigengutachten, um eine Strafmilderung im Rahmen des § 49 Abs. 1 StGB zu erlangen.

Nicht nur das Sachverständigengutachten an sich, sondern insbesondere die Auswahl des Sachverständigen ist entscheidend. So ist dem Verteidiger gem. Nr. 70 der Richtlinie für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) während des Ermittlungsverfahrens Gelegenheit zu geben, vor Auswahl eines Sachverständigen dazu Stellung zu nehmen.

Denn wird ein Sachverständiger im frühen Erkenntnisverfahren bereits schon zugelassen, wird dieser meist auch in der Hauptverhandlung sein Gutachten darlegen. Sollte dies einer dem Beschuldigten gegenüber von vornherein abgeneigter Sachverständiger sein, hat dies für die Beweisdarlegung in der entscheidenden Hauptverhandlung fatale Folgen. Eine Rüge bzw. Stellungnahme des Verteidigers ist dann kaum noch möglich.

Konsequenzen zur Verteidigung

Die Verteidigung eines Beschuldigten in einer Kapitalstrafsache verlangt von beiden Seiten äußerste Einsatzbereitschaft. Für den Beschuldigten geht es meist in jeglicher Hinsicht um existentielle Belange. Ein professionelles und entschiedenes Vorgehen des Strafverteidigers in derartigen Extremsituationen ist die Grundlage eines bestmöglichen Ausgangs für den Beschuldigten.

Relevanz für die Gesellschaft und die Opfer

Kapitalstraftaten führen oft zu tiefgreifenden gesellschaftlichen Diskussionen, da sie das Grundrecht auf Leben betreffen. In den Medien dominieren sie häufig die Berichterstattung. Die Opfer und ihre Angehörigen sind meist schwer traumatisiert.

In vielen Fällen steht ihnen ein Opferanwalt im Rahmen der Nebenklage zur Seite; daneben gibt es auch psychosoziale Prozessbegleitung. Gleichzeitig ist es die Aufgabe des Rechtsstaats, auch dem Beschuldigten eine faire Behandlung zu garantieren – unabhängig von der Schwere der Tat. Deshalb sind die Verteidigung sowie gründliche Ermittlungen von erheblicher Bedeutung.

Fazit - Kapitalstrafrecht

Kapitalstraftaten gehören zu den schwerwiegendsten Delikten im deutschen Strafrecht. Sie sind häufig mit hohen Freiheitsstrafen verbunden, in vielen Fällen sogar mit lebenslangem Freiheitsentzug. Gleichzeitig sind die Verfahren hochkomplex und erfordern sowohl auf Seiten der Justiz als auch bei der Verteidigung besondere Sorgfalt.

Für Betroffene – sowohl Täter als auch Opfer – sind diese Verfahren oftmals von großer emotionaler Tragweite. Umso wichtiger ist es, dass das Verfahren rechtsstaatlich geführt wird und sowohl die Schuldfrage als auch das Strafmaß sorgfältig geprüft werden

Die Unterschiede zwischen Mord, Totschlag und anderen Delikten mit Todesfolge sind fein, aber entscheidend – sowohl für die rechtliche Bewertung als auch für das Strafmaß. Ein erfahrener Strafverteidiger kann bei Kapitalstraftaten maßgeblich dazu beitragen, die Rechte des Beschuldigten zu wahren und eine faire Entscheidung herbeizuführen.

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