Rechtsmittel im Strafrecht

6 Minuten Lesezeit 16.08.2023
Rechtsmittel im Strafrecht

Im deutschen Strafrecht sind Rechtsmittel ein wesentlicher Bestandteil des Justizsystems. Sie ermöglichen es sowohl Angeklagten als auch Staatsanwaltschaften, gegen Entscheidungen der Gerichte vorzugehen und etwaige Rechtsfehler zu korrigieren. Ein faires und rechtsstaatliches Verfahren ist essentiell, um die Wahrung der Grundrechte und eine gerechte Rechtsprechung zu gewährleisten. In diesem Beitrag geben wir Ihnen einen ersten Überblick über die verschiedenen Rechtsmittel im Strafrecht und erläutern ihre Bedeutung und Anwendung.

Beschwerde als Rechtsmittel

Die Beschwerde ist ein wichtiges Rechtsmittel, das gegen Entscheidungen außerhalb oder vor einer Hauptverhandlung eingelegt werden kann. Sie dient dazu, gegen gerichtliche Beschlüsse oder Verfügungen vorzugehen, die nicht im Rahmen einer Hauptverhandlung getroffen werden. Hierzu zählen beispielsweise Entscheidungen über Haftbeschwerden, Durchsuchungsbeschlüsse oder Zeugenvernehmungen.

1. Voraussetzungen für eine Beschwerde

Beschwerdeberechtigung: Nur wer durch die Entscheidung direkt in seinen Rechten beeinträchtigt ist, kann Beschwerde einlegen. Dies meint, dass nicht jeder, dem eine gerichtliche Entscheidung missfällt, auch ein Recht zur Beschwerde hat.

Beschwerdefrist: Die Beschwerde muss innerhalb einer bestimmten Frist eingelegt werden, die je nach Art der Entscheidung variieren kann.

2. Sofortige Beschwerde und allgemeine Beschwerde

Sofortige Beschwerde: In bestimmten Fällen, wie beispielsweise bei Durchsuchungsbeschlüssen, muss die Beschwerde unverzüglich, das heißt ohne schuldhaftes Zögern, eingelegt werden.

Allgemeine Beschwerde: In anderen Fällen gibt es keine besondere Eilbedürftigkeit und die Beschwerde kann innerhalb einer angemessenen Frist eingelegt werden.

Weitere Beschwerde

Als Folgerechtsmittel kann gegen Entscheidungen über eine Beschwerde oft noch ein weiteres Rechtsmittel eingelegt werden, die sogenannte "weitere Beschwerde". Hierbei handelt es sich um eine Nachprüfung der Entscheidung durch eine weitere Instanz.

Berufung als Rechtsmittel

Die Berufung ist eine Möglichkeit, gegen Urteile des Amtsgerichts vorzugehen. Sie steht dem Angeklagten offen, der mit dem erstinstanzlichen Urteil nicht einverstanden ist, aber auch der Staatsanwaltschaft, wenn diese mit dem Urteil nicht einverstanden ist und eine höhere Strafe anstrebt.

1. Einlegung der Berufung

Frist: Die Berufung ist innerhalb von einer Woche nach der Verkündung des Urteils entweder schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts einzulegen.

Form und Begründung: Eine besondere Form oder auch eine ausführliche Begründung der Berufung ist vom Gesetz nicht vorgeschrieben. Es genügt, wenn der Berufungsführer sein Rechtsmittel einlegt und erklärt, dass er mit dem Urteil nicht einverstanden ist.

Prüfung der Berufung

Zuständiges Gericht: Die Berufung wird von der kleinen Strafkammer des Landgerichts – bestehend aus einem vorsitzen Richter und zwei Schöffen – geprüft und beinhaltet eine vollumfängliche Überprüfung des Urteils. Es findet eine komplett neue Hauptverhandlung mit allen Zeugen und Beweismitteln statt.

Verschlechterungsverbot: Das Verschlechterungsverbot besagt, dass die Strafe im Berufungsverfahren nicht höher ausfallen darf als im erstinstanzlichen Urteil. Es gilt nur dann, wenn ausschließlich der Verurteilte Berufung einlegt.

Berufung durch die Staatsanwaltschaft

Die Staatsanwaltschaft kann ebenfalls Berufung einlegen. Dabei gilt das Verschlechterungsverbot nicht, und es kann im Berufungsverfahren eine höhere oder auch eine niedrigere Strafe verhängt werden.

Revision als Rechtsmittel

Die Revision ist das Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Landgerichts und wird nur in bestimmten Fällen zugelassen. Sie umfasst – anders als die Berufung – keine vollumfängliche Überprüfung des vorangegangenen Urteils. Stattdessen geht es lediglich noch um die Überprüfung (sowie gegebenenfalls Korrektur) auf etwaige Rechtsfehler bei der Anwendung des materiellen Rechts oder auch der prozessualen Vorschriften.

Einlegung der Revision

Frist: Die Revision muss innerhalb von einer Woche nach der Verkündung des Urteils entweder schriftlich oder alternativ zu Protokoll der Geschäftsstelle des Landgerichts eingelegt werden.

Begründung: Die Begründung der Revision ist besonders wichtig und muss innerhalb von maximal einem Monat nach Zustellung des Urteils erfolgen.

Rechtsanwaltliche Vertretung: Die Revisionsbegründung muss zwingend durch einen Rechtsanwalt – und zwar entweder schriftlich oder auch durch Erklärung gegenüber dem Rechtspfleger des Gerichts zu Protokoll – begründet werden.

Zuständiges Gericht bezüglich der Entscheidung über die Revision

Bundesgerichtshof (BGH): Richtet sich die Revision gegen ein Urteil des Landgerichts, dann entscheidet der Bundesgerichtshof über die Revision.

Oberlandesgericht (OLG): Wenn gegen ein Berufungsurteil des Landgerichts Revision eingelegt wird oder gegen ein Urteil des Amtsgerichts eine sogenannte Sprungrevision erfolgt, ist das Oberlandesgericht zuständig.

Umfang der Prüfung in der Revision

Keine Wiederholung der Hauptverhandlung: Anders als bei der Berufung findet in der Revision keine erneute Hauptverhandlung statt.

Überprüfung auf Rechtsfehler: Das Gericht prüft das Urteil nur auf Rechtsfehler, insbesondere Verstöße gegen die Denkgesetze und Fehler in der Anwendung des materiellen Rechts oder prozessualer Vorschriften.

Ergebnis einer erfolgreichen Revision

Zurückverweisung: Wird eine erfolgreiche Revision festgestellt, wird die Sache zur erneuten Hauptverhandlung an einen anderen Spruchkörper der Vorinstanz zurückverwiesen.

Kein automatischer Freispruch oder milderes Urteil: Es ist wichtig zu betonen, dass eine erfolgreiche Revision nicht automatisch zu einem milderen Urteil oder einem Freispruch führt. Die erneute Hauptverhandlung kann zu einem ähnlichen oder auch zu einem anderen Urteil führen.

Weitere Rechtsmittel im Strafrecht

Einspruch gegen einen Strafbefehl: Der Einspruch ist ein besonderer Fall der Berufung und richtet sich gegen einen ergangenen Strafbefehl. Durch die rechtzeitige Einlegung des Einspruchs wird verhindert, dass der Strafbefehl rechtskräftig wird.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Fristversäumnis: Wenn jemand ohne eigenes Verschulden daran gehindert war, eine Frist einzuhalten, kann er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen.

Glaubhaftmachung der Säumnisgründe: Der Antragsteller muss glaubhaft machen, warum er die Frist nicht einhalten konnte, und den Antrag unverzüglich nach Kenntnis der Fristversäumnis stellen.

Wiederaufnahmeverfahren

Kein übliches Rechtsmittel: Das Wiederaufnahmeverfahren ist kein gewöhnliches Rechtsmittel. Es ermöglicht die nochmalige Beurteilung eines Sachverhalts, wenn neue erhebliche Tatsachen oder auch Beweismittel bekannt werden, die das eigentlich rechtskräftige Urteil entweder als unangemessen oder auch als fehlerhaft erscheinen lassen.

Betonung auf "neu" oder "nachweislich": Die Voraussetzungen für ein Wiederaufnahmeverfahren sind streng, und die neuen Tatsachen oder Beweismittel müssen "neu" oder "nachweislich" sein.

Einstellungsbeschwerde

Beschwerde gegen Einstellungen: Gegen Entscheidungen der Staatsanwaltschaft, wie beispielsweise die Einstellung eines Verfahrens, kann ebenfalls Beschwerde eingelegt werden.

Klageerzwingungsverfahren: Wenn der Anzeigenerstatter zugleich Geschädigter ist, kann er das sogenannte Klageerzwingungsverfahren einleiten und die Staatsanwaltschaft zur Anklageerhebung verpflichten.

Fazit

Insgesamt bieten die verschiedenen Rechtsmittel im deutschen Strafrecht den Beteiligten die Möglichkeit, gegen fehlerhafte oder ungerechte Entscheidungen vorzugehen und für ein faires Verfahren zu sorgen. Die Berufung eröffnet die Chance, gegen Urteile des Amtsgerichts vorzugehen und in einer neuen Hauptverhandlung den Fall erneut prüfen zu lassen. Die Revision ermöglicht eine Überprüfung auf Rechtsfehler und kann bei erfolgreicher Feststellung zur Zurückverweisung der Sache führen. Daneben existieren weitere Rechtsmittel wie die Beschwerde, der Einspruch, die Wiedereinsetzung und das Wiederaufnahmeverfahren, die in speziellen Situationen angewendet werden können.

Die Kenntnis und das Verständnis der verschiedenen Rechtsmittel sind für jeden Bürger von großer Bedeutung, um seine Rechte zu wahren und sich angemessen vor Gericht verteidigen zu können. Falls Sie jemals in eine strafrechtliche Auseinandersetzung verwickelt sind, sollten Sie sich an einen Rechtsanwalt wenden, der dir bei der Auswahl und dem Einsatz der passenden Rechtsmittel helfen kann. Ein rechtsstaatliches Verfahren und der Schutz der Grundrechte sind unverzichtbare Grundlagen unserer Gesellschaft, auf die wir stolz sein können.

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Strafverteidiger und Rechtsanwalt Karl Matthias Göbel CTA Karl Matthias Göbel - Strafverteidiger

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