Mord und Totschlag im deutschen Strafrecht

7 Minuten Lesezeit 22.10.2023
Mord und Totschlag im deutschen Strafrecht

Tötungsdelikte gehören zu den schwerwiegendsten Straftaten im Strafrecht. Die Unterscheidung zwischen Mord und Totschlag ist von entscheidender Bedeutung, insbesondere auch da sie maßgebliche Auswirkungen auf das zu erwartende Strafmaß hat.

In diesem Beitrag werden wir die Unterschiede zwischen diesen beiden Tötungsdelikten näher betrachten und die juristischen Aspekte erläutern, die bei der Strafverteidigung eine Rolle spielen.

Der Mord (§ 211 des Strafgesetzbuches)

Der Mordtatbestand (§ 211 StGB) im deutschen Strafrecht hat eine lange und vielschichtige Geschichte. In diesem Beitrag werfen wir einen Blick auf die historische Entwicklung des Mordparagrafen, seine Besonderheiten im heutigen Strafrecht und die aktuellen Diskussionen über eine mögliche Reform.

Historische Entwicklung des Mordtatbestands

Die Entstehung des Mordparagrafen: Im Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich von 1871 und im Preußischen Strafgesetzbuch von 1851 fand sich bereits eine Unterscheidung zwischen Mord und Totschlag. Der Mord wurde mit dem Tode bestraft, während Totschlag mit Zuchthaus geahndet wurde. Hierbei spielte die "Überlegung" eine entscheidende Rolle bei der Abgrenzung zwischen den beiden Delikten.

Die Reform von 1941: 1941 erfolgte eine grundlegende Reform des Mordparagrafen. Als neues Kriterium zur Unterscheidung wurde der Grad der Verwerflichkeit der Tat hinzugeügt. Zudem wurden spezifische Mordmerkmale, wie Mordlust, Habgier, Grausamkeit, Heimtücke und der Einsatz gemeingefährlicher Mittel, in den Tatbestand integriert.

Besonderheiten des Mordtatbestands im heutigen Strafrecht

Täterbezogene Formulierung: Anders als bei den meisten Straftatbeständen, steht im § 211 StGB nicht die Tat selbst im Fokus, sondern der Täter. Die Formulierung "Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft" verdeutlicht diese Besonderheit. Einbindung spezifischer Mordmerkmale: Die genannten Mordmerkmale stellen eine Herausforderung für die Strafverteidigung dar und haben erheblichen Einfluss auf das Strafmaß. Die Unterscheidung zwischen Mord und Totschlag wird durch diese Merkmale präzisiert.

Kleiner Exkurs: Die aktuellen Reformüberlegungen

Kritikpunkte am geltenden Mordparagrafen

Starrheit der Strafdrohung: Die lebenslange Freiheitsstrafe wird als zu starr kritisiert, da sie in manchen Fällen eine unangemessene Strafverhängung zur Folge haben kann. Gerichte stehen vor der Herausforderung, die Strafe angemessen zu bemessen, wenn die Verwirklichung eines Mordmerkmals formal vorliegt, aber die Gesamtumstände eine besondere Verwerflichkeit nicht erkennen lassen, wie beispielsweise bei Haustyrannenmorden. Biologistische Tätertypus-Orientierung: Die täterbezogene Formulierung des Mordparagrafen wird ebenfalls bemängelt, da sie an einem vermeintlichen Tätertypus orientiert ist. Diese biologistische Anschauung wird als problematisch angesehen, da sie anfällig für nationalsozialistische Denkmuster sein könnte.

Reformvorschläge der Expertenkommission

Tathandlungsbezogener Wortlaut: Die Expertenkommission schlägt vor, den Wortlaut der §§ 211, 212 StGB von einem Tätertypus auf die Tathandlung selbst auszurichten. Dadurch soll die Strafverfolgung flexibler gestaltet werden.

Abkehr von der zwingenden Strafdrohung: Die lebenslange Freiheitsstrafe soll nicht mehr zwingend vorgesehen sein, wenn ein Mordmerkmal auf Tatbestandsebene erfüllt ist. Die Gerichte sollen dadurch mehr Spielraum bei der Strafmaßfindung erhalten.

Ergänzung der Mordmerkmale: Die Expertenkommission spricht sich dafür aus, Hasskriminalitäts-Elementen im Bereich der Tötungsdelikte zu ergänzen. Mordmerkmale sollen um Tötungen aufgrund von Geschlecht, ethnischer Herkunft, Glauben, religiöser Anschauung, sexueller Identität oder Orientierung sowie rassistischen Beweggründen erweitert werden.

Heimtückisches Tatmerkmal: Das Mordmerkmal der heimtückischen Tatbegehung soll inhaltlich geändert, aber grundsätzlich beibehalten werden, um eine differenzierte Strafverfolgung zu gewährleisten.

Diskussion und Ausblick

Kontroversen und Debatten: Die Reformüberlegungen des Mordparagrafen stoßen auf kontroverse Diskussionen in der Rechtspolitik und der juristischen Fachwelt. Die unterschiedlichen Standpunkte werden ausführlich erörtert.

Bedeutung einer zeitgemäßen Ausgestaltung: Eine zeitgemäße Ausgestaltung des Mordtatbestands ist von großer Bedeutung, um eine gerechte Strafverfolgung und eine angemessene Strafverteidigung zu gewährleisten.

Fortschrittliche Hasskriminalitäts-Elemente: Die mögliche Einführung von Hasskriminalitäts-Elementen im Bereich der Tötungsdelikte könnte eine fortschrittliche Neuerung im deutschen Strafrecht darstellen und Diskussionen über eine umfassende Strafrechtsreform anregen.

Wenden wir uns aber jetzt der Gegenwart zu und gucken uns die einzelnen Tötungsdelikte an:

Definition und Voraussetzungen für Mord

Mord ist die vorsätzliche Tötung eines anderen Menschen, die durch spezifische Mordmerkmale gekennzeichnet ist. Es muss eine bewusste Absicht zur Tötung vorliegen und zusätzlich müssen bestimmte Mordmerkmale erfüllt sein.

Täterbezogene Mordmerkmale

Unter Mordlust versteht man den Wunsch des Täters, einen anderen Menschen sterben zu sehen. Tötung zur Befriedigung des Geschlechtstriebs und Habgier sind weitere Tätermerkmale. Ebenso fallen sonstige niedrige Beweggründe darunter, wenn der Tatantrieb auf niedrigster Stufe steht, sowie die Tötung zur Verdeckung oder Ermöglichung einer Straftat.

Tatbezogene Mordmerkmale

Heimtücke liegt vor, wenn der Täter die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst ausnutzt. Grausamkeit beschreibt die Zufügung besonders schwerer körperlicher oder seelischer Qualen. Gemeingefährliche Mittel sind solche, die eine Mehrzahl von Personen in Lebensgefahr bringen können.

Strafmaß und Konsequenzen bei Mord

Mord ist mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe belegt. Es handelt sich um die höchste Strafe im deutschen Strafrecht.

Totschlag (§ 212 StGB)

Definition und Abgrenzung zum Mord

Totschlag ist die vorsätzliche Tötung eines anderen Menschen, bei der keine spezifischen Mordmerkmale vorliegen. Hier liegt zwar eine bewusste Tötungsabsicht vor, jedoch sind die Handlungsweisen des Täters nicht von Mordmerkmalen geprägt.

Möglichkeiten des vorsätzlichen Totschlags

Totschlag kann durch verschiedene Handlungen verursacht werden, bei denen der Täter den Tod des Opfers in Kauf nimmt. Dazu gehören sowohl direkte als auch indirekte Tötungsarten.

Strafmaß und Konsequenzen bei Totschlag

Das Strafmaß für Totschlag beträgt Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren. Es ist eine geringere Strafe im Vergleich zum Mord.

Fahrlässige Tötung (§ 222 StGB)

Abgrenzung zur vorsätzlichen Tötung

Fahrlässige Tötung liegt vor, wenn jemand ohne Tötungsvorsatz handelt und fahrlässig den Tod eines anderen Menschen verursacht.

Definition und Voraussetzungen für fahrlässige Tötung

Für eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung muss nachgewiesen werden, dass der Täter eine Pflichtverletzung begangen hat und der Tod des Opfers auf diese Fahrlässigkeit zurückzuführen ist.

Strafmaß und Konsequenzen bei fahrlässiger Tötung

Die Strafe für fahrlässige Tötung ist von der Schwere des Verschuldens abhängig. Die Tat kann mit einer Freiheitsstrafe oder mit einer Geldstrafe geahndet werden.

Bedeutung der Unterscheidung für die Strafverteidigung

Herausforderungen bei der Strafverteidigung in Tötungsdelikten

Die Verteidigung in Tötungsverfahren ist äußerst komplex und erfordert eine genaue Analyse der Tatumstände und Beweislage.

Wichtige Fragen und Aspekte für die Verteidigung

Die Strafverteidigung muss die Täterschaft, den Vorsatz und das Vorliegen von Mordmerkmalen prüfen und gegebenenfalls entkräften.

Notwendigkeit eines kompetenten Strafverteidigers in Tötungsverfahren

Die Bedeutung eines erfahrenen Strafverteidigers in Tötungsverfahren wird hervorgehoben, um eine wirksame Verteidigung sicherzustellen.

Fazit

Die Unterschiede zwischen Mord und Totschlag haben erhebliche Auswirkungen auf das Strafmaß und die Strafverteidigung. Die genaue Prüfung der Tatumstände und Beweislage ist von entscheidender Bedeutung, um eine gerechte Strafverfolgung und Verteidigung sicherzustellen.

Wichtige Tipps bei einem Tatvorwurf

  1. Schweigen ist Gold - Warum Aussagen vermieden werden sollten: Eine der grundlegenden Regeln in einem Tötungsdeliktsverfahren ist das Recht zu schweigen. Sie sollten zu den Tatvorwürfen keine Aussagen tätigen, da diese sich nachteilig für Sie auswirken könnten. Ein erfahrener Strafverteidiger wird Akteneinsicht beantragen und Ihnen raten, vorerst von Ihrem Schweigerecht Gebrauch zu machen. Erst nach genauer Analyse der Akten kann eine Einlassung erarbeitet werden.
  2. Umgang mit der drohenden Untersuchungshaft - Wichtigkeit eines spezialisierten Strafverteidigers: Bei Totschlag und Mord besteht oft die Gefahr der Untersuchungshaft. Ein Haftrichter entscheidet darüber, ob Haftgründe vorliegen. Ein spezialisierter Strafverteidiger sollte Sie bei der Haftvorführung begleiten, Ihre Rechte wahren und eine Haftbeschwerde einlegen, falls nötig.
  3. Auswahl des richtigen Strafverteidigers - Fachliche Qualifikationen und Vertrauensaufbau: Ein kompetenter Strafverteidiger ist entscheidend. Achten Sie auf fachliche Qualifikationen, Erfahrung in vergleichbaren Verfahren und Reputation. Führen Sie ein persönliches Gespräch, um festzustellen, ob ein Vertrauensverhältnis besteht. Es geht um Ihre Freiheit!
  4. Der richtige Umgang mit der Medienberichterstattung: Bei Totschlag- und Mordfällen begleitet oft eine intensive Medienberichterstattung das Verfahren. Eine gute Strafverteidigung berücksichtigt die öffentliche Wahrnehmung und schützt das Persönlichkeitsrecht des Beschuldigten. Die Möglichkeiten, auf Medienberichte Einfluss zu nehmen, sind jedoch begrenzt.
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Strafverteidiger und Rechtsanwalt Karl Matthias Göbel CTA Karl Matthias Göbel - Strafverteidiger

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