Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte: Gesetzesgrundlagen, Tatbestand und Strafmaß

6 Minuten Lesezeit 19.12.2023
Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte: Gesetzesgrundlagen, Tatbestand und Strafmaß

Der Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte ist im deutschen Strafrecht ein relevantes Delikt und ist in § 113 des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt. Dieser Paragraph befasst sich mit der Strafbarkeit von Handlungen, die sich gegen Vollstreckungsbeamte richten.

Gemäß § 113 StGB wird bestraft, wer „einem Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt Widerstand leistet“.

Dabei ist zu beachten, dass nicht nur physische Gewalt erfasst wird, sondern auch Widerstand in anderer Form, beispielsweise durch Drohungen oder beleidigende Äußerungen.

Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte

Neben dem Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte steht auch der Tätliche Angriff auf Vollstreckungsbeamte unter Strafe. Seit dem Jahr 2017 wird dies sogar in einer eigenen Norm, nämlich dem § 114 StGB geregelt.

Widerstand gegen oder tätlicher Angriff auf Personen, die Vollstreckungsbeamten gleichstehen

Schließlich existiert mit § 115 StGB auch noch eine Art Auffangtatbestand. Danach wird nämlich auch derjenige bestraft, der Widerstand gegen oder einen tätlichen Angriff auf Personen leistet bzw. vornimmt, die Vollstreckungsbeamten gleichstehen. Wer genau damit gemeint ist, können Sie weiter unten detaillierter nachlesen.

Zusammenfassung

Es ist wichtig zu betonen, dass der Schutz von Vollstreckungsbeamten in Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeiten im öffentlichen Interesse liegt. Dieser Schutz soll sicherstellen, dass die rechtmäßige Ausführung von Amtshandlungen nicht durch Gewalt oder Widerstand beeinträchtigt wird.

Es gibt jedoch auch bestimmte rechtliche Grenzen für das Verhalten von Vollstreckungsbeamten, und im Falle von unrechtmäßiger Gewaltanwendung seitens der Beamten können sie straf- und disziplinarrechtlich belangt werden. Es besteht also eine Balance zwischen dem Schutz der Beamten und der Wahrung der Bürgerrechte. Insgesamt trägt die Regelung des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte dazu bei, die Integrität und Effektivität der Vollstreckung von Gesetzen zu gewährleisten und gleichzeitig die Rechte der Bürger zu schützen.

Tatbestandsmerkmale

Objektiver Tatbestand

Der Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte gemäß § 113 StGB setzt die Erfüllung mehrerer Tatbestandsmerkmale voraus. Im Einzelnen:

  1. Das Tatopfer,
  2. die Tatsituation sowie
  3. die Tathandlung

Zu 1. (Tatopfer):

Damit der Tatbestand des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte erfüllt ist, muss es sich bei dem Tatopfer entweder um einen inländischen Amtsträger oder um einen Soldaten der Bundeswehr handeln. Was genau unter einem inländischen Amtsträger zu verstehen ist, gibt § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB vor.

Amtsträger ist demnach, wer nach deutschem Recht

a) Beamter oder Richter ist, b) in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis steht oder c) sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform wahrzunehmen.

Erfahrungsgemäß handelt es sich hierbei oftmals um Polizeibeamte oder auch um Gerichtsvollzieher, die als Opfer der Straftat in Betracht kommen.

Über § 115 StGB kommen jedoch – wie bereits angesprochen – auch noch weitere Personen als Tatopfer in Betracht.

Erfasst werden davon Personen, die zwar formal keine Amtsträger sind, die aber dennoch die Rechte und Pflichten von Polizeibeamten haben. Ein Beispiel hierfür sind etwa Jagdaufseher. Nach § 115 Abs. 2 StGB wird der Anwendungsbereich darüber hinaus sogar noch auf Hilfspersonen erweitert. Dies können beispielsweise Zeugen sein, die im Rahmen einer Durchsuchung hinzugezogen werden. Auch Hifeleistende, wie Feuerwehrmänner und -frauen, genießen nach Abs. 3 des § 115 StGB einen besonderen Schutz.

Zu 2. (Tatsituation):

Die Tat muss bei der Vornahme der Vollstreckungshandlung begangen werden. Die Vollstreckungshandlung muss also entweder unmittelbar bevorstehen oder gerade stattfinden. Beispiele für derartige Vollstreckungshandlungen sind Weisungen der Polizei oder auch eine Pfändung durch den Gerichtsvollzieher beim Schuldner.

Zu 3. (Tathandlung):

Das Gesetz spricht bezüglich der Tathandlung davon, dass Widerstand durch Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt geleistet werden muss.

Gewalt bezeichnet eine Kraftäußerung, die sich gegen die Vollstreckungsperson richtet und die durch tätiges Handeln erfolgt. Zudem wird mit der Gewalt eine Verhinderung oder zumindest eine Erschwerung der im Raum stehenden Diensthandlung bezweckt.

Eine Drohung hingegen bedeutet, dass der Täter die Anwendung körperlicher Gewalt in Aussicht stellt und vorgibt, auf dessen Eintritt Einfluss zu haben.

Daraus ergibt sich, dass etwa die Drohung mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde oder einer Einschaltung der Medien und ähnlichem nicht genügt, um die Anforderungen an die Tathandlung bei § 113 StGB zu erfüllen.

Subjektiver Tatbestand

Hinsichtlich des subjektiven Tatbestandes setzt der Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, einen zumindest bedingten Vorsatz voraus.

Rechtmäßigkeit der Vollstreckungshandlung

Einen spannenden Aspekt bringt Abs. 3 des § 113 StGB ins Spiel, indem hier festgehalten wird, dass die vorgenommene Vollstreckungshandlung auch rechtmäßig sein muss. Ist sie dies nicht, so scheidet eine Strafbarkeit wegen des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte von Vornherein aus.

Dieser Aspekt führt nicht selten zu Diskussionen, da sich die Frage stellt, wer wann über die Rechtmäßigkeit der Vollstreckungshandlung zu entscheiden hat.

In der Mehrheit wird davon ausgegangen, dass es lediglich auf die formelle Rechtmäßigkeit ankommt.

Das bedeutet, dass wenn

  • Das Vorliegen einer gesetzlichen Eingriffsgrundlage bejaht wird,
  • der jeweils handelnde Beamte sachlich und auch örtlich zuständig ist,
  • er jedenfalls die wesentlichen Förmlichkeiten beachtet hat und
  • auch ein ihm möglicherweise zukommenden Ermessen pflichtgemäß ausgeübt hat,

von einer Rechtmäßigkeit der Handlung auszugehen ist. Dies gilt selbst dann, wenn der Vollstreckungsbeamte versehentlich eine falsche Einschätzung der Sachlage vorgenommen hat. Typisches Beispiel wäre der Polizeibeamte, der in einer unübersichtlichen Situation, wie bei einem gut besuchten Volksfest, versehentlich einen an einer Schlägerei eigentlich unbeteiligten Dritten vorläufig festnimmt. Würde dieser Dritte nun Widerstand im Sinne des § 113 Abs. 1 StGB leisten und auch die weiteren Voraussetzungen der Vorschrift erfüllen, so könnte er sich – trotz der Anforderungen an die Rechtmäßigkeit der Vollstreckungshandlung nach Abs. 3 gemäß § 113 Abs. 1 StGB strafbar machen.

Strafmaß

Die Strafen für den Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte variieren, abhängig von der Schwere der Tat und den Umständen des jeweiligen Einzelfalls. In der Regel werden Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu maximal drei Jahren verhängt.

Besondere Formen des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte

Neben dem Grunddelikt des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte sieht das Strafgesetzbuch auch noch einige Sonderformen des Deliktes vor. Insbesondere werden in § 113 Abs. 2 StGB mehrere Regelbeispiele für besonders schwere Fälle des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte genannt.

Besonders schwere Fälle

Als Regelbeispiele nennt das Gesetz die Situation,

  • dass der Täter oder ein anderer Beteiligter eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
  • dass der Täter durch eine Gewalttätigkeit den Angegriffenen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
  • dass die Tat mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begangen wird.

Sonstiges

Wie weiter oben erwähnt, gibt es darüber hinaus den sehr eng verknüpften § 114 StGB, der einen tätlichen Angriff gegen Vollstreckungsbeamte ahndet, sowie § 115 StGB, der den Anwendungskreis der Tatopfer erweitert.

Verjährung

Die Verjährungsfrist für den Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte beträgt in der Regel fünf Jahre. Bei Verwirklichung eines besonders schweren Falles kann die Verjährungsfrist jedoch auch länger sein.

Aufnahme der Ermittlungen, Strafantrag

Der Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zählt zu den Offizialdelikten. Das bedeutet, dass eine Verfolgung des Deliktes von Amts wegen erfolgt und ein Strafantrag nicht zwingend erforderlich ist.

Verteidigung

Beschuldigte haben – wie bei allen Delikten – das Recht auf eine angemessene Verteidigung und sollten sich daher frühzeitig an einen Rechtsanwalt wenden. Wir, als Strafverteidiger in Düsseldorf, vertreten und beraten Sie jederzeit gerne dazu und stehen Ihnen auch im gesamten Bundesgebiet zur Verfügung. Nutzen Sie in jedem Fall Ihre Chancen und kontaktieren Sie uns bei Bedarf schnellstmöglich. Nur so können wir dafür Sorge tragen, dass wir Ihnen die bestmögliche Beratung mit allen Handlungsoptionen zukommen lassen und dass keine Handlungsoptionen aufgrund des Fortschritts des Verfahrens wegfallen.

Bei dem Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte handelt es sich um ein ernstes Vergehen, das in Deutschland strafrechtlich geahndet wird, um die Vollstreckungsbeamten bei der Ausübung ihrer Tätigkeit zu schützen. Unterschätzen Sie nicht die Konsequenzen, wenn Ihnen ein derartiger Vorwurf gemacht wird.

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Strafverteidiger und Rechtsanwalt Karl Matthias Göbel CTA Karl Matthias Göbel - Strafverteidiger

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