Verdeckte Ermittler & V-Leute: Neues Gesetz

6 Minuten Lesezeit 29.10.2024
Verdeckte Ermittler & V-Leute: Neues Gesetz

Einleitung

Nachfolgend finden Sie eine Darstellung der aktuellen Entwicklungen des geplanten Gesetzes zum Einsatz von verdeckten Ermittlern und Vertrauenspersonen, also sogenannten V-Leuten.

Der Hintergrund des geplanten Gesetzes

1. Mangelnde Regelungslage

Bislang existieren zum Einsatz von verdeckten Ermittlern und V-Leuten keine hinreichenden Regelungen.

Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass V-Leute sich grundlegend von verdeckten Ermittlern unterscheiden. Während es sich bei letzteren um Polizisten handelt, die verdeckt ermitteln, sind V-Leute Personen, die selber aus dem Milieu kommen und (in der Regel gegen Vergütung) bereit sind über einen längeren Zeitraum Informationen aus dem Milieu an die Ermittler weiterzugeben, also letztlich im Milieu zu spitzeln.

Der „Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Einsatzes von Verdeckten Ermittlern und Vertrauenspersonen sowie zur Tatprovokation“ enthält hierzu folgende Definitionen:

Verdeckte Ermittler

„Verdeckte Ermittler sind Beamte des Polizeidienstes, die unter einer ihnen verliehenen, auf Dauer angelegten, veränderten Identität (Legende) ermitteln.“ (geplanter § 110 a Absatz 1 Satz 1 der Strafprozessordnung, StPO)

Vertrauenspersonen

„Vertrauenspersonen sind Personen, die keiner Strafverfolgungsbehörde angehören und vertraulich eine Strafverfolgungsbehörde in der Regel auf längere Zeit bei der Aufklärung von Straftaten unter Führung der Strafverfolgungsbehörde unterstützen und deren Identität grundsätzlich geheim gehalten wird.“ (geplanter § 110 b Absatz 1 der StPO)

Mangels bisheriger Regelungen war es oft unklar, in welchem Rahmen verdeckte Ermittler und V-Leute handeln und agieren dürfen. Gerade wenn es darum geht, potentielle Täter zur Begehung einer Straftat zu motivieren, sind die Grenzen unklar und das Risiko für die betreffenden Personen groß, sich selber (im Zweifel wegen Anstiftung) strafbar zu machen. Hinzu kommt, dass gerade der Einsatz von V-Leuten zu einem erheblichen Grundrechtseingriff für die zu bespitzelnden Personen führt und daher an klare Regelungen gebunden sein sollte. Bis zum jetzigen Zeitpunkt wurde der Einsatz üblicherweise auf Grundlage der allgemeinen Ermittlungsgeneralklausel (§ 163 Abs. 1 S. 2 StPO), die "Ermittlungen jeder Art" erlaubt, gestützt.

Hier soll das neue Gesetz Abhilfe schaffen.

Historie zur Gesetzesentstehung

Referentenentwurf

Ein Referentenentwurf wurde durch das Bundesministerium für Justiz am 19. Dezember 2023 vorgelegt. Dieser sah bereits viele Regelungen des später in den Gesetzgebungsprozess eingebrachten Gesetzesentwurfes vor.

Auffällig dabei war insbesondere, dass gegenüber bereits einem im Juli 2023 kursierenden Entwurf einige Veränderungen vorgenommen worden waren. So sollten nunmehr (entgegen den vorherigen Überlegungen), doch auch solche Personen als V-Personen in Betracht kommen, die zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt wurden. Auch die maximale Einsatzdauer einer V-Person wurde von zuvor 5 Jahren auf 10 Jahre (kumulativ) angehoben.

Beschluss des Bundeskabinetts

Im März 2024 beschloss das Bundeskabinett im nächsten Schritt einen Gesetzesentwurf, der die Rahmenbedingungen sowohl für V-Leute als auch für verdeckte Ermittler festlegen soll.

Beratungen im Bundesrat

Ende April 2024 beriet der Bundesrat über den durch das Bundeskabinett beschlossenen Entwurf.

Details zu dem durch das Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf

Einsatz von V-Leuten

Situationen, die den Einsatz von V-Leuten grundsätzlich erlauben

Insbesondere betreffend den Einsatz von V-Leuten, also Personen aus dem Milieu, werden relativ strenge Anforderungen gestellt. So ist zunächst einmal Voraussetzung, dass die im Raum stehende Straftat eine gewisse Schwere aufweist. Eine abschließende Aufzählung der hierbei in Frage kommenden Straftaten findet sich zwar nicht im Gesetzesentwurf, es wird jedoch festgelegt, dass die Straftat von erheblicher Bedeutung sein muss. Dies kann insbesondere

  • auf dem Gebiet des unerlaubten Betäubungsmittel- oder Waffenverkehrs, der Geld- oder Wertzeichenfälschung,
  • auf dem Gebiet des Staatsschutzes (§§ 74a, 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes),
  • gewerbs- oder gewohnheitsmäßig oder
  • von einem Bandenmitglied oder in anderer Weise organisiert

der Fall sein.

Darüber hinaus soll Voraussetzung sein, dass die Aufklärung durch andere Maßnahmen nicht möglich oder jedenfalls nicht ausreichend erfolgsversprechend ist.

Als V-Leute in Betracht kommende Personen

Auch die als V-Leute in Betracht kommenden Personen müssen gewisse Anforderungen erfüllen: So scheiden diejenigen, die bereits an einem Aussteigerprogramm teilnehmen, - ebenso wie Parlamentarier - von Vornherein als V-Personen aus. Weiterhin darf die Vergütung für die Tätigkeit als V-Person nicht die wirtschaftliche Lebensgrundlage für die betreffende Person darstellen. Und auch die bereits weiter oben erwähnte zeitliche Begrenzung der Tätigkeit als V-Person auf maximal 10 Jahre (kumulativ) ist im Entwurf enthalten geblieben.

Richtervorbehalt

Eine äußerst bedeutsame Neuerung des durch das Bundeskabinett beschlossenen Gesetzesentwurfes besteht zudem darin, dass der Einsatz von V-Leuten künftig einem Richtervorbehalt unterliegen soll. Das bedeutet, dass überhaupt erst nach der Überprüfung durch eine unabhängige Instanz – das Gericht – der Einsatz von V-Leuten gestattet werden soll. Insbesondere dieser Aspekt wird bei den Diskussionen um den Gesetzesentwurf vielfach kritisiert. Zusätzliche Ausführungen hierzu finden Sie im weiteren Verlauf des Berichtes.

Auskunftsverweigerungsrecht

Schließlich sieht der Gesetzesentwurf – anders als noch der Referentenentwurf – ein spezielles Auskunftsverweigerungsrecht für V-Leute vor. Damit soll bezweckt werden, dass diese häufiger als bisher unmittelbar vor Gericht im Rahmen der Hauptverhandlung vernommen werden können.

Einsatz von verdeckten Ermittlern

Die Regelungen betreffend den Einsatz von verdeckten Ermittlern stehen weniger im Fokus der Öffentlichkeit als diejenigen zum Einsatz der V-Leute. Es sei aber dennoch zumindest erwähnt, dass der Einsatz von verdeckten Ermittlern grundsätzlich keinem Richtervorbehalt unterliegt. Nur in bestimmten Situationen, wenn sich nämlich der Einsatz gegen einen bestimmten Verdächtigen richtet oder wenn der verdeckte Ermittler eine nicht allgemein zugängliche Wohnung betritt, ist vorab die Zustimmung des Gerichts einzuholen. Andernfalls genügt die Zustimmung der Staatsanwaltschaft für den Einsatz eines verdeckten Ermittlers.

Wahrnehmung des Gesetzesentwurfs in Fachkreisen und in der Öffentlichkeit

Der durch das Bundeskabinett beschlossene Gesetzesentwurf erntet nicht nur Lob. Insbesondere in der Justiz wird der neue Richtervorbehalt für den Einsatz von V-Leuten stark kritisiert. Dieser sei zum einen rechtlich nicht erforderlich und zum anderen bedeute er einen erheblichen Mehraufwand für die Justiz.

Auch die im Gesetzesentwurf enthaltenen Berichtspflichten werden – primär aufgrund des damit einhergehenden Arbeitsaufwandes – kritisiert.

Auch die Anforderungen an die als V-Leute in Betracht kommenden Personen finden nicht nur Zustimmung. Vielmehr bestehen auf Seiten der Justiz Bedenken, dass die hohen Anforderungen die Anzahl der überhaupt in Betracht kommenden Personen radikal reduziert und dieses Ermittlungsinstrument damit wesentlich hemmt.

Befürworter des Gesetzesentwurfs finden sich hingegen insbesondere in den Reihen der Strafverteidiger. Diese loben, dass mit dem neuen Gesetz endlich ein klarer Rechtsrahmen für den Einsatz von V-Leuten sowie auch verdeckten Ermittlern geschaffen werde, der bereits lange überfällig gewesen sei.

Beratungen im Bundesrat

Die Beratungen im Bundesrat führten im Wesentlichen zu erheblicher Kritik an dem Gesetzentwurf. Dieser stelle überzogene Anforderungen an den Einsatz von V-Leuten und würde das Ermittlungsinstrument damit weitestgehend unbrauchbar machen.

Im Ergebnis sprach sich der Bundesrat dafür aus, dass der Entwurf zu überarbeiten und in der aktuell vorliegenden Form nicht zustimmungsfähig sei.

Die Dokumentationspflichten seien zu überarbeiten, um sowohl eine (weitere) Überlastung der Justiz zu vermeiden als auch das Risiko einzuschränken, dass V-Leute enttarnt würden. Auch der Richtervorbehalt solle noch einmal einer genauen Prüfung unterzogen werden, um die Strafverfolgung so effektiv wie möglich betreiben zu können.

Ausblick

Nach den Beratungen im Bundesrat muss der Gesetzesentwurf noch den Bundestag passieren. Es bleibt abzuwarten, wie dir dortige Entscheidung ausfällt.

Wir sind für Sie da

Unabhängig davon, ob Sie einer Straftat beschuldigt werden, selber für den Einsatz als Vertrauensperson in Betracht kommen oder aus anderen Gründen weitere Informationen oder Beratung zum Thema Vertrauensperson oder verdeckte Ermittler wünschen, sind wir als Ihre Strafverteidiger für Sie da. Zögern Sie nicht, uns jederzeit zu kontaktieren. Ihr Anliegen wird bei uns professionell, vertrauensvoll und zielgerichtet behandelt!

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Strafverteidiger und Rechtsanwalt Karl Matthias Göbel CTA Karl Matthias Göbel - Strafverteidiger

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