Kapitalstrafrecht

4 Minuten Lesezeit 23.08.2023
Kapitalstrafrecht

Das Kapitalstrafrecht umfasst diejenigen Straftaten, deren Strafandrohung besonders hoch ist. Dies sind die in § 74 Abs. 2 GVG und § 120 Abs. 2 GVG genannten Straftaten, mithin solche, die gegen das Leben einer Person gerichtet sind, sog. Straftaten mit Todesfolge. Dies sind u.a.,

  • Mord (§ 211 StGB) • Totschlag (§ 212 StGB)
  • Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB)
  • Raub mit Todesfolge (§ 251 StGB)
  • Räuberischer Diebstahl mit Todesfolge (§ 252 StGB)
  • Räuberische Erpressung mit Todesfolge (§ 255 StBG),

folglich insbesondere Taten mit Tötungsabsicht. Die Straftaten des Kapitalstrafrechts stellen allesamt Verbrechen im Sinne des § 13 StGB dar, also rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind. Auf derartig schwerwiegende Straftaten erhebt der Gesetzgeber sogar bei besonders schweren Fällen mit dem Strafmaß der lebenslangen Freiheitsstrafe die höchste und schärfste Sanktion des Strafgesetzbuches.

Auf den Beschuldigten einer solchen Straftat würden bei einer Schuldsprechung mit anschließender jahrlanger oder sogar lebenslanger Inhaftierung schwerwiegende und existenzgefährdende Folgen zukommen. Auch ist die Unterbringung in einem psychatrischen Krankenhaus keine Seltenheit bei schwerwiegenden Verbrechen.

Die Strafverteidigung bei Kapitalstraftaten ist mit besonders intensiver Vorbereitung auf das gesamte Strafverfahren verbunden und erfordert im hohen Maße die Fähigkeit, sowohl den Ermittlungsbeamten der Mordkommission als auch der Staatsanwaltschaft in konsequent aktiver Bereitschaft entgegenzutreten. Die Fähigkeiten in derartigen Situation die rechtlich entscheidenden und ausschlaggebenden Maßnahmen für eine umfassende Verteidigung zu treffen ist Schwerpunkt der Ausbildung zum Fachanwalt für Strafrecht. In den Ermittlungsphasen ist es essentiell, Beweise zu erlangen oder diese zu sichern oder Zeugen zu finden, die dem Beschuldigten entlasten können. Gleichzeitig muss stets der Stand der Erkenntnisse der Ermittlungsbehörden im Fokus des Strafverteidigers bleiben, um parallel zu den Ermittlungen die entsprechenden verteidungsrelevanten Schritte einleiten zu können.

Der Strafverteidiger muss ebenso auch in professioneller Weise auf den Beschuldigten einwirken können. Dieser wird oftmals aufgrund der ihm zur Last gelegten schweren Straftat in Untersuchungshaft untergebracht sein und sich dadurch psychisch bedingt in einer Extremsituation befinden. Dennoch muss dem Beschuldigten als wichtigste Informationsquelle in dieser Situation in strukturierter Art und Weise das weitere Vorgehen nähergebracht, ihm seine Möglichkeiten offengelegt und alle rechtlich möglichen Verteidigungsmittel zugetragen werden. Nur wenn sich der Beschuldigte in dieser Ausnahmesituation auch sicher aufgehoben fühlt, kann ihm auch rechtlich umfassend und bestmöglich geholfen werden.

Entscheidend bei den Kapitalstraftaten zugrundliegenden Tötungsdelikten ist somit auch die Kenntniss des Strafverteidiger über die vorausgegangene psychologische Verfassung des Beschuldigten, dessen Persönlichkeit, sein soziales Umfeld und seine generelle Vorgeschichte. Dies bildet die Grundlage einer zielführenden Verteidigung.

Bei schwerwiegenden Straftaten wird zunächst auch immer auf die Grundlagen der Strafbarkeit des Beschuldigten eingegangen werden. Eventuelle tiefgreifende psychologische Aspekte oder anderweitige Bewusstseinsstörungen können zu schulminderndem oder schuldausschließendem Handeln des Beschuldigten führen:

  • § 20 StGB, Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störung; insbesondere bei „exogene Psychosen“, d.h. durch Zufuhr von Rauschmitteln, Medikamenten oder Giften ausgelöste, temporäre Beeinträchtigungen der Hirnfähigkeit.
  • § 21 StGB, verminderte Schuldunfähigkeit; insbesondere bei verminderter Einsichts- oder Hemmungsfähigkeit des Täters bei der Tat.

So komplex wie die menschliche Psyche, so komplex können auch die der Tat zugrundelegenden Ursachen beim Täter für schwer- und schwerstwiegende Straftaten sein. Daher ist es stets entscheidend, ausführliche Sachverständigengutachten über den psychologischen Zustand des Beschuldigten anzufordern. Das Vorliegen der in §§ 20, 21 StGB genannten Voraussetzungen kann bei der Strafzumessung zu Milderungsgründen nach § 49 Abs. 1 StGB führen, die eine erhebliche Absenkung der Freiheitsstrafen um mehrere Jahre bewirken.

Von hoher Bedeutung in Kapitalstrafsachen in den meisten Prozessen das forensisch psychologische und forensisch psychatrische Sachverständigengutachten, um eine Strafmilderung im Rahmen des § 49 Abs. 1 StGB zu erlangen. Nicht nur das Sachverständigengutachten an sich, sondern insbesondere die Auswahl des Sachverständigen ist entscheidend. So ist dem Verteidiger gem. Nr. 70 der Richtlinie für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) während des Ermittlungsverfahrens Gelegenheit zu geben, vor Auswahl eines Sachverständigen dazu Stellung zu nehmen. Denn wird ein Sachverständiger im frühen Erkenntnisverfahren bereits schon zugelassen, wird dieser meist auch in der Hauptverhandlung sein Gutachten darlegen. Sollte dies einer dem Beschuldigten gegenüber von vornherein abgeneigter Sachverständiger sein, hat dies für die Beweisdarlegung in der entscheidenden Hauptverhandlung fatale Folgen. Eine Rüge bzw. Stellungnahme des Verteidigers ist dann kaum noch möglich.

Die Verteidung eine Beschuldigten in einer Kapitalstrafsache verlangt von beiden Seiten äußerste Einsatzbereitschaft. Für den Beschuldigten geht es meist in jeglicher Hinsicht um existentielle Belange. Ein professionelles und entschiedenes Vorgehen des Strafverteidigers in derartigen Extremsituationen ist die Grundlage eines bestmöglichen Ausgangs für den Beschuldigten.

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