Vollstreckungsverfahren

6 Minuten Lesezeit 18.08.2023
Vollstreckungsverfahren

Das Vollstreckungsverfahren im deutschen Strafrecht befasst sich mit der Umsetzung von rechtskräftigen Strafurteilen und der Durchsetzung von Strafen gegen verurteilte Straftäter. Es gliedert sich in verschiedene Phasen und Maßnahmen, um die Strafen zu vollziehen. Hier ist eine grundlegende Übersicht über den Ablauf des Vollstreckungsverfahrens:

  • Rechtskraft des Urteils: Zunächst muss das Strafurteil rechtskräftig sein, das heißt es dürfen keine Rechtsmittel mehr dagegen eingelegt werden. Dies ist der Fall, wenn das Urteil von keiner Seite mehr angefochten wird oder wenn alle Rechtsmittelverfahren abgeschlossen sind.
  • Haftantritt und Haftverbüßung: Wenn eine Freiheitsstrafe verhängt wurde, muss der verurteilte Straftäter die Haftstrafe antreten. Je nach Schwere der Straftat und der verhängten Strafe sowie abhängig vom Alter des Verurteilten kann die Haft in einer Justizvollzugsanstalt (Gefängnis) oder in einer Jugendstrafanstalt verbüßt werden.
  • Freiheitsentziehung: Während der Haftzeit ist der Straftäter seiner Freiheit beraubt. Er muss den Anweisungen und Regelungen der Vollzugsanstalt Folge leisten.
  • Vollzugslockerungen und Resozialisierung: Im Verlauf der Haft können Lockerungen gewährt werden, die dem Verurteilten beispielsweise Ausgang oder Urlaub ermöglichen sollen. Zudem wird in der Haft versucht, den Straftäter durch Resozialisierungsmaßnahmen auf eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft vorzubereiten.
  • Bewährungsaufsicht: Wenn die Haftstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird, unterliegt der Verurteilte einer Bewährungsaufsicht. Er muss bestimmte Auflagen erfüllen und sich regelmäßig bei einem Bewährungshelfer melden.
  • Geldstrafe: Bei Verhängung einer Geldstrafe muss der Straftäter den Geldbetrag gemäß den Anweisungen des Gerichts bezahlen.
  • Vermögensabschöpfung: In einigen Fällen kann das Gericht eine Vermögensabschöpfung anordnen, um die wirtschaftlichen Vorteile, die der Straftäter aus der Straftat erlangt hat, einzuziehen.

Es ist wichtig zu beachten, dass das Vollstreckungsverfahren je nach Straftat und Strafart variieren kann. In Deutschland gibt es unterschiedliche Rechtsgrundlagen für die Vollstreckung von Strafen, wie das Strafvollzugsgesetz (StVollzG) oder das Jugendstrafvollzugsgesetz (JStVollzG), die die Einzelheiten regeln. Auch die Zuständigkeiten können je nach Bundesland variieren, da der Strafvollzug in der Verantwortung der Länder liegt.

Die Hauptstrafen: Geld- und Freiheitsstrafe

Bei der Geld- und der Freiheitsstrafe handelt es sich um die sogenannten Hauptstrafen. Das verurteilende Gericht legt im Falle einer Geldstrafe fest, wieviele Tagessätze zu jeweils welcher Tagessatzhöhe zu zahlen sind. Ein Ermessen der Staatsanwaltschaft in dieser Hinsicht besteht daher nicht. Dennoch ist die Staatsanwaltschaft für die Überwachung der Zahlung der Geldstrafe zuständig.

Die Ersatzfreiheitsstrafe

Für den Fall, dass der Verurteilte die Zahlung nicht leistet, droht ihm eine Ersatzfreiheitsstrafe. Er wird hierdurch von seiner Zahlungspflicht befreit, muss jedoch eine gewisse Zeit (abhängig von der Höhe der zu zahlenden Geldstrafe) ins Gefängnis.

Sollte die Nichtleistung der Zahlungen durch eine finanzielle Überforderung des Verurteilten begründet sein, besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, bei der Staatsanwaltschaft Zahlungserleichterungen (zum Beispiel Ratenzahlungen) zu vereinbaren. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Verurteilte selber frühzeitig den Kontakt zur Staatsanwaltschaft aufnimmt und dort einen entsprechenden Antrag stellt. Andernfalls besteht das Risiko, dass die Staatsanwaltschaft den Antrag auf Zahlungserleichterung ablehnt.

Denkbar ist zudem, dass eine Vereinbarung getroffen wird, anstatt der Zahlung der Geldstrafe soziale Arbeit zu leisten.

Sollten Sie zu einer Geldstrafe verurteilt worden sein und diese nicht leisten können, beraten wir Sie gerne detailliert und übernehmen bei Bedarf die Kommunikation mit der Staatsanwaltschaft für Sie.

Was wir als Strafverteidiger im Rahmen der Vollstreckung für Sie tun können

Neben der bereits eben aufgezeigten Beratung im Falle einer Geldstrafe sowie der entsprechenden Kommunikation mit der Staatsanwaltschaft, unterstützen wir Sie gerne auch in dem Fall, dass eine Haftstrafe gegen Sie verhängt wurde. Gegebenenfalls haben Sie sogar bereits einen Teil der Haftstrafe verbüßt und finden wir gemeinsam einen Weg, dass Sie vorzeitig aus der Haft entlassen werden oder Ihnen wenigstens Hafterleichterungen zu Gute kommen. Nachstehend finden Sie hierzu ein paar erste Informationen.

Hafterleichterungen

Im deutschen Strafrecht gibt es verschiedene Hafterleichterungen, die Strafgefangenen während ihrer Haftzeit gewährt werden können, um ihre Resozialisierung zu fördern und sie schrittweise auf die Entlassung vorzubereiten. Diese Hafterleichterungen dienen dazu, die Haftbedingungen zu mildern und die soziale Integration zu unterstützen. Hier sind einige der häufigsten Hafterleichterungen:

  • Ausgang: Inhaftierte können Ausgang erhalten, um beispielsweise Angehörige zu besuchen, sich um persönliche Angelegenheiten zu kümmern oder therapeutische Maßnahmen außerhalb der Haftanstalt wahrzunehmen. Die Ausgangsbewilligung ist an bestimmte Bedingungen gebunden und wird nur gewährt, wenn keine Fluchtgefahr oder Gefahr für die Allgemeinheit besteht.
  • Lockerungen: Zu den Lockerungen zählen Freigänge, die es Strafgefangenen ermöglichen, außerhalb der Haftanstalt zu arbeiten, eine Ausbildung zu absolvieren oder anderen sinnvollen Beschäftigungen nachzugehen. Auch hier gelten strenge Bedingungen und die Gewährung hängt vom Verhalten und der Sicherheitsprognose des Gefangenen ab.
  • Urlaub: In manchen Fällen kann Strafgefangenen auch Urlaub gewährt werden, um beispielsweise Familienangehörige in längeren Abständen zu besuchen oder persönliche Gründe zu erledigen. Die Urlaubsgewährung erfolgt in der Regel nur bei langjährigen Haftstrafen und gutem Verhalten.
  • Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung: Wenn die verhängte Freiheitsstrafe zwei Jahre nicht überschreitet und die besondere Umstände vorliegen, kann das Gericht einen Teil der Strafe zur Bewährung aussetzen. Der Verurteilte muss dann unter bestimmten Auflagen und Bewährungsauflagen seine Strafe außerhalb der Haftanstalt verbüßen.
  • Entlassung zur Bewährung: Wenn ein Strafgefangener bereits einen erheblichen Teil seiner Strafe verbüßt hat und keine besonderen Sicherheitsbedenken bestehen, kann er vorzeitig zur Bewährung entlassen werden. Dies geschieht jedoch nur bei guter Führung und Erfüllung bestimmter Kriterien.

Es ist wichtig zu betonen, dass diese Hafterleichterungen kein automatisches Recht für jeden Strafgefangenen darstellen. Die Entscheidung über die Gewährung von Hafterleichterungen liegt im Ermessen der Justizvollzugsbehörden und Gerichte und hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie dem Verhalten des Gefangenen, der Schwere der Straftat, der Sicherheitsprognose und der Resozialisierungsperspektive.

Die vorzeitige Haftentlassung

Eine vorzeitige Entlassung aus der Haft ist grundsätzlich möglich. Dies ergibt sich aus § 57 des Strafgesetzbuches (StGB). Die Vorschrift differenziert dabei zwischen der Haftentlassung nach zwei Dritteln der Haftzeit (geregelt in Absatz 1) und der Halbstrafenentlassung (geregelt in Abs. 2).

Die jeweiligen Anträge auf Halbstrafenentlassung oder Haftentlassung nach zwei Dritteln der Haftzeit sind rechtzeitig zu stellen, was leider immer wieder versäumt wird. Auch in dieser Hinsicht bietet es sich daher an, einen versierten Strafverteidiger mit der Wahrung Ihrer Interessen zu beauftragen. Dieser wird die Fristen für Sie im Blick behalten, die Voraussetzungen der verschiedenen Anträge prüfen und diese auch erstellen und einreichen.

Haftentlassung nach zwei Dritteln der Haftzeit – Voraussetzungen

Die nachfolgenden Voraussetzungen müssen vorliegen, damit eine vorzeitige Haftentlassung nach zwei Dritteln der Haftzeit erfolgen kann:

  • Zwei Drittel der gegen den Verurteilten verhängten Freiheitsstrafe, mindestens jedoch zwei Monate, müssen bereits verbüßt worden sein.
  • Die vorzeitige Aussetzung der Strafvollstreckung muss unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden können.
  • Die verurteilte Person muss in die vorzeitige Entlassung einwilligen.

Halbstrafenentlassung - Voraussetzungen

Die nachfolgenden Voraussetzungen müssen vorliegen, damit eine vorzeitige Haftentlassung nach der Hälfte der Haftzeit erfolgen kann:

  • Die verurteilte Person muss erstmalig eine Haftstrafe verbüßen.
  • ODER es liegen besondere Umstände vor (Gesamtwürdigung der Tat, der Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzugs) die ergeben, dass eine vorzeitige Haftentlassung gerechtfertigt ist.
  • Die Freiheitsstrafe darf insgesamt nicht mehr als zwei Jahre betragen.
  • Die verurteilte Person hat zum Zeitpunkt des Antrags schon die Hälfte der zeitigen Freiheitsstrafe, mindestens jedoch einen Zeitraum von sechs Monaten verbüßt.
  • Die verurteilte Person muss in die vorzeitige Entlassung einwilligen.

Halbstrafe – Besonderheiten bei einer Verurteilung zu mehr als zwei Jahren Freiheitsstrafe

Die vorstehenden Voraussetzungen zeigen bereits, dass eine Halbstrafenaussetzung grundsätzlich auch dann in Betracht kommt, wenn die Freiheitsstrafe mehr als zwei Jahre beträgt. Auch wenn es sich dabei eher um eine Ausnahme handelt, lohnt es sich meist dennoch, einen entsprechenden Antrag zu stellen.

Argumentativ ist in diesen Fällen regelmäßig auf die Persönlichkeit sowie die Entwicklung des Verurteilten während der bereits erfolgten Verbüßung der Haftstrafe und auch auf die Gesamtumstände der Tat zu verweisen.

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Strafverteidiger und Rechtsanwalt Karl Matthias Göbel CTA Karl Matthias Göbel - Strafverteidiger

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